16) Plettenberger Vereinsleben

Die Tafel 16 berichtet von den Anfängen der Schützengesellschaft und dem Bau der Schützenhalle. Schützenfeste finden aber nur einmal im Jahr statt. Was also trieben die Plettenberger sonst noch?

Plettenberger lieben Vereine. Neben sechs Schützenvereinen gibt es ca. 140 weitere Vereine, darunter Turnvereine, Angelvereine, Motorsportvereine, Brieftaubenvereine, je einen Kaninchenzucht- und Imkerverein, Musikvereine, Heimatvereine, einen Kleingärtnerverein, einen Modellsportclub.

Solche Vereinsbegeisterung hat eine lange Tradition. Viele Plettenberger Vereine haben ihr hundertjähriges Jubiläum lange hinter sich. Hier seien nun ein paar der um die Jahrhundertwende gegründeten Vereine aufgezählt, die sich nicht bis in unsere Zeit erhalten haben.

  • Akademische Vereinigung zu Plettenberg - ein Club für Bildungsbürger, in dem jeder Mitglied werden konnte, »der die Berechtigung zum Besuch einer deutschen Hochschule erlangt hatte« und sich danach sehnte, »den auf deut­schen Hochschulen geübten gesellschaftlichen Verkehr« in Plettenberg fortzusetzen.

  • Rauchclub »Blaue Wolke« - eine von mehreren Herrenrunden, die sich »die Ausbildung einer edlen Gesellschaft« zum Ziel setzte und »jedem Mann die Gelegenheit« bieten wollte, »sich in ordentlichem Kreise unterhalten zu können«. Dazu gehörte dann auch die »Beschaffung guter und billiger Rauch-­Gegenstände für die Mitglieder«. Die hölzerne Ehrentafel eines ähnlichen Clubs, der »Gesellschaft Kanone«, hängt heute in der Schützenhalle im Wieden und wurde als Auszeichnung für die »Gesellschaftskanone« unter den Schützen vergeben.

  • Arbeiter-Radfahrer-Verein »Edelweiß« - einer von mehreren politischen Verei­nen, die sich als Sportvereine tarnten, da politische Zusammenschlüsse von der Obrigkeit ungern gesehen wurden und komplizierte Auflagen des Reichsver­einsgesetzes hätten erfüllt werden müssen. Die Polizei wusste natürlich darüber Bescheid" und notierte in einem Aktenvermerk, dass die Gruppierung »den Zweck verfolgte, sich in den Dienst der Sozialdemokratischen Partei zu stellen und sie zu fördern«.

  • Theaterclub »Freie Volksbühne« - hier und in ähnlichen Gruppen produzierte man selbst die Unterhaltung, die heute Film, Fernsehen und Tourneetheater anbieten.

  • Verein für Gesundheitspflege und naturgemäße Heilweise - geboten wurde den Mitgliedern neben Gesundheitstips auch eine Wiese oberhalb der Moosuferstraße, wo man sich zum »Licht- und Sonnenbaden« traf.

  • lmpfgegnerverein - rund 60 Plettenberger Bürger fanden Impfen gefährlich.

  • Landwehrvereine - Zusammenschlüsse der Veteranen der »Freiheitskriege« 1813/15 und der Kriege im Vorfeld der deutschen Reichsgründung 1871. Ziele waren die Pflege der Geselligkeit, Unterstützung notleidender Kameraden bzw. derer Witwen und Nachkommen, die Sorge für ein militärisches Be­gräbnis und »in Liebe und Treue zum obersten Kriegsherrn und zum Vaterlan­de den kameradschaftlichen Geist auch im bürgerlichen Leben zu pflegen«.

  • »Evangelisch-kirchlicher Blau-Kreuz-Verein Plettenberg« - die Mitglieder sahen es als ihre Aufgabe an, »mit Hilfe Gottes und seines Wortes den Missbrauch berauschender Getränke zu bekämpfen und für die Rettung der Opfer der Trunksucht und des Wirtshauslebens zu wirken«.

Und damit sind wir bei einer weiteren Leidenschaft der früheren Plettenberger angelangt: Kneipen. Vor dem Siegeszug des Fernsehers, als man seine Abende noch selbst gestalten musste, gab es in Plettenberg weit mehr Gaststätten als heute. Eine der wenigen »Überlebenden« war die Gaststätte »Plankemann« in Eiring­hausen. Leider musste auch sie 2020 schließen.
Die Gaststätte »Plankemann« wurde 1830 von Gottlieb Ostermann gegründet und ab 1910 von Wilhelm Plankemann geführt.

Wilhelm Plankemann, 1847 geboren, war, ein echtes Plettenberger Original. Noch mit 81 Jahren, so will es die Legende, soll er mit seinem Nachbarn Bäcker Ludwig Bald auf der zugefrorenen Lenne Schlittschuh gelaufen sein. Unter Wilhelm Plankemanns Leitung wurde die Kneipe zu einem Ort, an dem sich die Bürger Eiringhausens trafen, um Neuigkeiten auszutauschen und über wichtige Fragen zu diskutieren. Zu Plankemanns Zeit wurden in der Gaststätte die ersten Toiletten einge­baut. Vorher waren die Gäste zum nahe­gelegenen Bach gegangen. Die Fenster dieser neugeschaffenen Toiletten erwiesen sich in den kurz darauf beginnenden Kriegsjahren auch als sehr nützlich, um den Kontrollen während der Sperrstunden zu entkommen.

Eine bekannte Spezialität des Hauses waren seit der Jahrhundertwende eingelegte Heringe, die in den 20er Jahren für 20 Pfennig das Stück verkauft wurden. Etwa 150 Heringe gingen pro Woche über die Theke. Nach der Währungsreform 1948 lag der Bierpreis - wie in den meisten anderen Kneipen auch - bei 35 Pfennig. Drei Bier gab es zum Sonderpreis von einer Mark. Brötchen wurden für fünf Pfennig pro Stück angeboten.

Wie in allen Kneipen wurde auch bei »Plankemann« früher wesentlich mehr Schnaps als heute getrunken. Bier gab es jeweils nur eine Sorte. Bei »Plankemann« schenkte man von 1930 bis 1950 Ritter Pils aus Dortmund aus, in den 50er Jahren Kipper Bier aus Remscheid. Ein Pils zu zapfen dauerte auch damals schon sieben Minuten - der Schaum war aber wesentlich stabiler, so dass man ein Fünfmarkstück darauflegen konnte, ohne dass es unterging.

Eine weitere alte Kneipe Plettenbergs, die 1996 geschlossen wurde, hieß »Zum Amtsgericht« (heute TherapieHaus Plettenberg). Kurz vor der Jahrhundertwende wurde sie von Ludwig Pickart eingerichtet. Anfangs handelte es sich um eine Bäc­kerei mit Schankraum. Das Eckgebäude war als Haltestelle der Plettenberger Kleinbahn Anlaufstelle für viele Plettenberger. Außerdem mag am Tresen mancher nach seiner Verhandlung im benachbarten Amtsgericht seinen Kummer heruntergespült oder seinen Sieg gefeiert haben.