19) Der Stephansdachstuhl

Rund zehn Jahre thront er nun am Alten Markt und ist mittlerweile ein unverzichtbarer Teil vieler in Plettenberg stattfindenden Veranstaltungen: der Stephansdachstuhl. Doch beinahe wäre die Aufstellung der denkmalgeschützten Dachkonstruktion aus dem Maschinenhaus der ehemaligen Firma Graewe & Kaiser an den hohen Sanierungskosten gescheitert.

Mit dem Bau eines neuen Einkaufszentrums an der Bredde, auf dem Gelände der ehemaligen Firma Graewe & Kaiser, im Jahr 2003, rückte die Frage nach dem Schicksal des Stephansdachstuhls in den Blick der Öffentlichkeit. Die einzigartige und denkmalgeschützte Konstruktion sollte nicht als bloßes Dach vor dem Eingang des neuen Einkaufszentrums sein Dasein fristen. Schnell entwickelte sich die Idee, den Dachstuhl als Ersatz für das wenig ansehnliche Zelt, das vier Monate im Jahr für Veranstaltungen am Alten Markt stand, aufzubauen.
Bereits 2002 waren sich die Mitglieder des Plettenberger Rats einig, dass eine Überdachung des Alten Markts mit dem Stephansdachstuhl eine durchaus reizvolle Lösung sei. Doch die von der Architektin Caroline Ossenberg-Engels vorgelegten Sanierungskosten von 270.000 Euro ließen die meisten heimischen Politiker zurückhaltend reagieren.

Doch der damalige Bürgermeister Walter Stahlschmidt war sich sicher, dass der Aufbau des Dachstuhls am Alten Markt gleich „vier Fliegen mit einer Klappe schlagen“ würde: Das oftmals von den Anwohnern heftig kritisierte Zelt am Alten Markt würde endgültig verschwinden, die neue Überdachung würde ganzjährig Veranstaltungen am Alten Markt ermöglichen, der Schallschutz für die Anwohner würde verbessert und der denkmalgeschützte Dachstuhl müsste nicht krampfhaft irgendwo auf dem ehemaligen Graeka-Gelände platziert werden.

Dennoch war die Stadt im Jahr 2002 offensichtlich nicht in der Lage, sich zu der teuren Sanierung des Dachstuhls durchringen zu können. Dabei hatte Architektin Ossenberg-Engels mit der 270.000 Euro-Variante die weitaus günstigste Lösung eines mit Plexiglas abgedeckten Dachstuhls vorgestellt. 70.000 Euro davon würde sogar der Bauherr des Einkaufszentrums an der Bredde tragen. SPD-Fraktionschef Wolfgang Schrader befürwortete daher die „Einlagerung“ des Dachstuhls, bis der Stadt die benötigten finanziellen Mittel zur Verfügung stehen würden. Doch nicht nur aus Kostengründen hatte eine Aufstellung des Dachstuhls am Alten Markt Gegner. Örtliche Einzelhändler erklärten während einer CDU-Ortsversammlung Mitte September 2002, sie befürchten, dass der neue Dachstuhl die Sicht auf ihre Geschäfte nehmen würde und damit Kunden wegfallen würden.

Doch entgegen mancher Bedenken wurde der Dachstuhl im September 2002 abmontiert und aus dem Maschinen- und Kesselhaus der ehemaligen Firma Graewe & Kaiser abtransportiert. Er wurde über den Winter in einem Hochregal-Lager gelagert, ehe im Mai 2003 mit der Sanierung begonnen wurde. Hierbei mussten die Pfosten ausgetauscht werden, da die Fußkanten der Bodenbalken vom Hausschwamm, einem holzzerstörenden Pilz, befallen waren.

Nach wenigen Monaten, im Juli 2003, konnte mit der Montage des in kadmiumrot gestrichenen Dachstuhls am Alten Markt begonnen werden. Erst am 22. August, kurz vor dem Kultursommer-Wochenende, thronte der Stephansdachstuhl fertiggestellt am Alten Markt. Mit seinen Ausmaßen, 16 Metern Breite, 17 Metern Länge und 8,8 Metern Höhe, hatte er genau in das Zentrum des Alten Marktes, zwischen Bäume und Laternen, gepasst. Der Kultursommer sollte zum ersten Test des neuen Bauwerks werden.

„Selbst Skeptiker waren begeistert“, schrieb das Süderländer Tageblatt am 25. August. Der Stephansdachstuhl hatte sich bewährt. Sogar die Organisatoren waren von dem Besuch und dem enormen Zuspruch für die neue Überdachung des Alten Marktes überrascht. Auch die letzten Bedenken waren weggewischt worden – der Stephansdachstuhl entwickelte sich bis heute zu einem unverzichtbaren Teil vieler Veranstaltungen der Vier-Täler-Stadt.