39) Die Ruhr-Sieg-Strecke

Vor rund 200 Jahren lag ein steiniger Weg vor dem Bau der Ruhr-Sieg-Strecke zwischen Hagen und Siegen. Die gebirgige Topografie des Sauer- und Siegerlandes, die Unklarheit über den Streckenverlauf sowie Finanzierungsprobleme ließen das Bauvorhaben lange auf Eis liegen. Vor 150 Jahren war es dann doch soweit: Die erste Dampflokomotive rollte durch Plettenberg.

Am 6. August 1861 wurde die Ruhr-Sieg-Strecke eröffnet. Noch heute ist sie ein unentbehrlicher Verkehrsweg für die Region, der im Personenverkehr auf Hagen und Siegen ausgerichtet ist. Im Güterverkehr ist die Bahn nach wie vor die schnellste Verbindung zwischen dem Rhein-Main-Raum und dem Ruhrgebiet.

Bereits zu Beginn der 1830-er Jahre suchten Unternehmer aus dem Ruhrgebiet und dem Siegerland nach einer schnellen und günstigeren Verbindung ihrer beiden Wirtschaftsregionen. Die Eisen- und Stahlerzeugung aus dem Siegerland und ihre Hüttenwerke waren besonders auf die Steinkohle aus dem Ruhrgebiet angewiesen. Doch der bis dahin umständliche Transport mit Fuhrwerken und die daraus resultierenden Kosten ließen sogar ausländische Stahlerzeugnisse billiger werden, als die aus dem Siegerland. So musste nach einer besseren Verbindung zum Ruhrgebiet gesucht werden. Gefunden wurde diese in der damals noch jungen Technik der Eisenbahn. Die Planungen und Verhandlungen zogen sich in die Länge. Erst am 5. Januar 1856 beschloss die Generalversammlung der Bergisch-Märkischen Eisenbahn AG den Bau der Strecke. Am 25. September 1856 begann an zwei Stellen der Bau des Schienenweges: am Baukloher Tunnel bei Teindeln und am zukünftigen Streckenabschnitt Hagen-Letmathe. Die Strecke wurde zunächst nur eingleisig gebaut, die insgesamt 24 Brücken und Tunnel auf der Strecke wurden aber für die Zweigleisigkeit ausgelegt. Diese wurde dann ab 1870 verwirklicht.

Nachdem die ersten beiden Teilstücke, Hagen-Letmathe 1859 und Letmathe-Altena 1860, fertiggestellt waren, konnte am 5. August 1861 die Ruhr-Sieg-Strecke feierlich eröffnet werden. Während der Eröffnungsfeier entgleiste ein eigens eingesetzter Sonderzug bei Grevenbrück, ohne dass dabei jedoch Menschen zu Schaden kamen. Ein schlechtes Omen war dieser Zwischenfall ebenfalls nicht. Denn die 106 Kilometer lange Strecke etablierte sich schnell als unverzichtbarer Verkehrsweg.

Für die Menschen jener Jahre war die Eisenbahn an sich bereits ein enormes technisches Wunder, doch die neue Strecke von Hagen nach Siegen löste bei manchen schiere Begeisterungstürme aus, wie der Bericht des „Wochenblatts für den Kreis Altena“ vom Tag der Eröffnung beweist: „Die schwierigen und gewaltigen Bauwerke jeder Art, wodurch die Ruhr-Sieg-Bahn eine der großartigsten und bewunderungswürdigsten Bauunternehmungen der neueren Zeit ist, werden für immer ein Zeugnis bleiben davon, was menschlicher Fleiß, Energie und Kunst sowie die Vereinigung vieler Kräfte vermag.“

Bis zum Jahr 1900 hatte die Trasse ihre Kapazitäten bereits vollständig ausgeschöpft, auch wenn mittlerweile Lokomotiven der Preußischen Staatsbahn auf der Ruhr-Sieg-Strecke unterwegs waren. In Folge des Ersten Weltkrieges musste das Deutsche Reich hohe Reparationszahlungen an die Siegermächte leisten. Ein Teil dieser Zahlungen sollte unter anderem durch Kohle aus dem Ruhrgebiet stattfinden. Zur Zeit der Ruhrbesetzung 1923 erhielt die Ruhr-Sieg-Strecke so auch eine wichtige politische Rolle. Über ihr sollten die meisten Kohlelieferungen an Frankreich und Belgien abgewickelt werden.

Die wirtschaftliche und vor allem kriegswichtige Bedeutung der Ruhr-Sieg-Strecke erkannten im Zweiten Weltkrieg auch die Alliierten. Ihre Bombardements trafen nicht nur große Städte, sondern waren besonders auf Industrieanlagen und wichtige Eisenbahnlinien gerichtet. So ist auch die häufige Bombardierung der Ruhr-Sieg-Strecke nicht verwunderlich. Alleine auf Plettenberger Gebiet lassen sich mindestens vier Angriffe auf die Trasse oder den Bahnhof zählen. Dabei warfen die alliierten Flieger ihre Bomben häufig auf dem Rückflug von Kassel aus auf die Schienenstrecke ab.

Nach dem Ende des Krieges hatte die Instandsetzung der Trasse oberste Priorität. Doch viele Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik setzten sich für einen Ausbau ein. Bereits ab 1949 forderten Wirtschaftsverbände die Elektrifizierung der Ruhr-Sieg-Bahn. Die Deutsche Bahn wehrte sich jedoch zunächst dagegen. Erst 1950 kam es zu einem Abkommen, laut dem die Ruhr-Sieg-Strecke vorrangig vor vielen anderen Eisenbahntrassen elektrifiziert werden sollte. Die Umbaukosten beliefen sich auf über 100 Millionen Mark. Am 14. Mai 1965 konnte dann in Siegen der feierliche Eröffnungsakt der elektrifizierten Ruhr-Sieg-Strecke erfolgen. Trotz der Elektrifizierung fuhren in den nächsten Jahren allerdings weiterhin auch Dampfloks auf der Strecke. Die Deutsche Bahn musste zunächst rund 60 E-Loks für die Trasse anschaffen.

Im Mai 1975 rollte endgültig die letzte mit Dampf betriebene Lok über die Trasse. Doch bereits seit 1969 waren sie die Exoten auf der Ruhr-Sieg-Strecke. Nur wenige Monate nach der erfolgreichen Elektrifizierung folgte der erste schwere Unfall auf der Strecke. Im Dezember 1965 entgleisten sechs Waggons eines Güterzuges kurz hinter dem Bahnübergang Brüninghausen. Der mit Kohle beladene Zug blockierte über mehrere Tage den geregelten Verkehr auf der Trasse. Viel mehr jedoch als Entgleisungen brachten Diskussionen um eine Stilllegung die Trasse in Gefahr. Diese Gerüchte erwiesen sich aber relativ schnell als unbegründet. Seit Dezember 2007 hat die Deutsche Bahn den Personenverkehr an die niederländische Abellio Rail abgetreten.

Tunnel Teindeln-Bauckloh 20.02.2020 Güterzug Richtung Siegen GH HK 2
Bahnübergang Hilfringhausen
Bahnuebergang-brueninghsn-ns-zeit-HK
Haltepunkt Ohle
Fußgängerbrücke Ohle
Kahleybruecke 1945
Bahnhof Plettenberg mit Wasserturm
Bahnübergang Eiringhausen
09.11.1980 Eisenbahnbruecke-Siesel
Lennebrücke Eschen 01.05.2015
Sieseler Tunnel 16.02.2017
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